Kann ich 20 Cent als fiktiven Strompreis / kWh ansetzen?
Im Internet kursiert (und diese Information hält sich sehr hartnäckig), dass Finanzämter einen fiktiven Preis von 20 Cent / pro kWh selbst produzierten und selbst verbrauchten Strom als Grundlage für die Umsatzsteuerberechnung ansetzen / akzeptieren. Manch ein Betreiber einer Photovoltaikanlage folgt dem. Es mag sein, dass diese '20 Cent Regel' in der weiter zurückliegenden Vergangenheit Anwendung fand, aber das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat in diesem Zusammenhang 2014 klare Richtlinien veröffentlicht!
Zu beachten ist, dass die '20 Cent Regel' im Widerspruch zu eben diesen Richtlinien des BMF steht:
- Bundesministerium für Finanzen (BMF): "Umsatzsteuerliche Behandlung von Photovoltaik"
Die Richtlinie des BMF (s.o., dort Seite 4-6) definiert ganz klar, welcher Preis als fiktiver Strompreis für den selbst produzierten und selbst verbrauchten Strom anzusetzen ist. Von 20 Cent pauschal ist dort ganz klar nicht die Rede!
Vielmehr gilt folgendes:
4. Bemessungsgrundlage, § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG
Nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG bemisst sich die unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b UStG nach dem Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder einen gleichartigen Gegenstand oder mangels eines Einkaufspreises nach den Selbstkosten. Auch bei im eigenen Unternehmen hergestellten Gegenständen ist grundsätzlich der (fiktive) Einkaufspreis maßgebend. Ist der hergestellte Gegenstand eine Sonderanfertigung, für die ein Marktpreis nicht ermittelbar ist, oder lässt sich aus anderen Gründen ein Einkaufspreis am Markt für einen gleichartigen Gegenstand nicht ermitteln, sind die Selbstkosten anzusetzen (vgl. BFH-Urteil vom 12. Dezember 2012, XI R 3/10, BStBl 20XX II S.XXX).
Führt der dezentral verbrauchte Strom zu einer steuerpflichtigen unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG, ist für die Bemessungsgrundlage der (fiktive) Einkaufspreis im Zeitpunkt des Umsatzes maßgebend (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG). Bezieht der Photovoltaikanlagenbetreiber von einem Energieversorgungsunternehmen zusätzlich Strom, liegt ein dem selbstproduzierten Strom gleichartiger Gegenstand vor, dessen Einkaufspreis als fiktiver Einkaufspreis anzusetzen ist. Sofern der Betreiber seinen Strombedarf allein durch den dezentralen Verbrauch deckt, ist als fiktiver Einkaufspreis der Strompreis des Strom- grundversorgers anzusetzen. Bei der Ermittlung des fiktiven Einkaufspreises ist ein ggf. zu zahlender Grundpreis mit zu berücksichtigen. Die Beweis- und Feststellungslast für die Ermittlung und die Höhe des fiktiven Einkaufspreises obliegt dem Photovoltaikanlagen- betreiber. Die Höhe des dezentral verbrauchten Stroms wird durch Abzug der an den Netzbetreiber gelieferten Strommenge von der insgesamt erzeugten Strommenge ermittelt. Neue Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 10 kW bis einschließlich 1 000 kW verfügen auf Grund des Marktintegrationsmodells über eine entsprechende Mess- einrichtung (z. B. Stromzähler), die die erzeugte Strommenge erfasst.
Betreiber von Photovoltaikanlagen, für die das Marktintegrationsmodell keine Anwendung findet (z. B. Photovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung bis 10 kW), sind nach dem EEG nicht verpflichtet, die insgesamt erzeugte Strommenge nachzuweisen. Aus Verein- fachungsgründen kann die erzeugte Strommenge in diesen Fällen unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Volllaststundenzahl von 1 000 kWh/kWp (jährlich erzeugte Kilowattstunden pro Kilowatt installierter Leistung) geschätzt werden. Im Falle einer unter- jährigen Nutzung (z. B. Defekt, Ausfall) ist die Volllaststundenzahl entsprechend zeitanteilig anzupassen. Weist der Anlagenbetreiber die tatsächlich erzeugte Strommenge nach (z. B. durch einen Stromzähler oder Wechselrichter), ist dieser Wert maßgebend. Diese Grundsätze gelten sinngemäß für Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 10 kW bis ein- schließlich 1 000 kW, bei denen der Betreiber seiner Nachweispflicht im Rahmen des Marktintegrationsmodells nicht nachkommt (vgl. I. 2.).
Der in my4E integrierte 'Umsatzsteuer-Helfer' führt die Berechnung gemäß dieser Richtlinie des BMF durch! Hier findest du exakte Infos darüber, wie my4E das ganze berechnet.
Selbstverständlich obliegt es letztlich jedem selbst, welcher Berechnungsgrundlage er für seine Steuererklärung folgt, welche Basispreise er in den my4E App Einstellungen für die Berechnung festlegt und welche Zahlen er seinem Finanzamt übermittelt.
Kontaktiere dein Finanzamt oder einen Steuerberater, um eine belastbare Auskunft darüber zu erhalten, wie du entsprechend der bestehenden Richtlinien vorgehen solltest!
- Der Entwickler der my4E App ist kein Steuerberater und kann / darf deine Fragen zum Thema Steuern nicht beantworten!
- Zur Klärung der individuellen steuerlichen Behandlung einer Photovoltaikanlage ist zu empfehlen, sich bei Bedarf an das zuständige Finanzamt bzw. an einen Steuerberater zu wenden!